Der neu gegründete Bund für mehr Wohnraum stellt konkrete Forderungen
Die Wohnraumknappheit in der Schweiz ist akut. Es wird zu wenig gebaut. Die Hürden für Verdichtung und Umnutzung sind zu gross. Die Baubewilligungsverfahren dauern zu lange. Der neu gegründete Bund für mehr Wohnraum lanciert das «Wohnungspolitische Manifest» und fordert Erleichterungen für den Bau neuer Wohnungen und weniger Bürokratie. Die grossen Herausforderungen im Schweizer Wohnungsmarkt lassen sich nur mit Massnahmen beheben, die das Wohnungsangebot effektiv vergrössern. Dazu zählen die erleichterte Aufstockung von bestehenden Wohnhäusern und die Gleichbehandlung aller Akteure, die in der Schweiz Wohnungen bauen. Eine übermässige Regulierung des Angebots ist dagegen nicht zielführend.
Im Schweizer Wohnungsmarkt herrscht dringender Handlungsbedarf. Die Nachfrage nach Wohnraum übersteigt das Angebot massiv. Die Gründe sind die demografische Entwicklung, die Zuwanderung, die zunehmende Zahl kleiner Haushalte und der steigende Flächenbedarf pro Person. Die Schweiz benötigt jedes Jahr bis zu 50'000 zusätzliche Wohnungen. Doch dem Bau neuer Wohnungen stehen zahlreiche Hürden und Einschränkungen entgegen, und die Zahl der erteilten Baubewilligungen für Neubauten nimmt ab (seit 2016 um über 30 Prozent!).
Pro Jahr fehlen in der Schweiz 10'000 neue Wohnungen. Von dieser Wohnraumknappheit sind nicht nur grosse Städte wie Zürich, Basel, Bern, Genf oder Lausanne betroffen, sondern auch kleinere Städte, Agglomerationen und Tourismusorte in der ganzen Schweiz. Für die Bevölkerung ist der Mangel an Wohnungen zum grossen Sorgenthema geworden.
«In Anbetracht dieser grossen Herausforderungen haben wir den Bund für mehr Wohnraum gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören zahlreiche Persönlichkeiten und Verbände, welche sich in der Wohnungspolitik engagieren respektive die Eigentümerschaft sowie die Bau- und Immobilienwirtschaft in der Schweiz vertreten», sagt alt-Nationalrat Hans Egloff, Präsident HEV Schweiz. Der neu gegründete Bund für mehr Wohnraum setzt sich ein für den Bau von genügend Wohnungen in der Schweiz, für den Abbau der vielen unnötigen Hürden und Einschränkungen sowie für einen fairen, gut funktionierenden Wohnungsmarkt. Hierfür lanciert der Bund für mehr Wohnraum das «Wohnungspolitische Manifest» mit zahlreichen konkreten Forderungen.
Bestehende Gebäudeflächen besser nutzen
Die bessere Ausnutzung der bestehenden Gebäude- und Wohnflächen ist die naheliegendste und effektivste Massnahme für mehr Wohnraum. Nur ein gut funktionierender Wohnungsmarkt kann aktuelle Fehlanreize korrigieren und es beispielsweise Eltern nach dem Auszug der Kinder ermöglichen, falls gewünscht, aus ihrer zu gross gewordenen Familienwohnung in eine kleinere, günstigere Wohnung umzuziehen. «Nur mit mehr Wohnungen wird der Wohnungsmarkt wieder funktionieren. Nur ein grösseres Angebot an Wohnungen hat eine preisdämpfende Wirkung. Und nur mit diesen Forderungen und Massnahmen können wir das erreichen», sagt Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (Die Mitte, TG), Vizepräsidentin HEV Schweiz.
Der Bund für mehr Wohnraum fordert eine qualitativ hochwertige Verdichtung in den Städten und Agglomerationen, eine erleichterte Aufstockung von bestehenden Wohnhäusern, eine Erhöhung der Ausnutzungsziffern in Wohnzonen, eine bessere und flexiblere Durchmischung von Gewerbe- und Wohnzonen sowie eine einfachere Umnutzung von bestehenden Büro- zu Wohnimmobilien.
Überregulierung und Bürokratie gezielt abbauen
Die Planungs- und Baubewilligungsverfahren werden immer komplexer, aufwändiger und langwieriger. Auf kantonaler Ebene sind oft zahlreiche Fachstellen in die Verfahren involviert. Jede einzelne Fachstelle kann ein Projekt unnötig verzögern oder sogar verhindern. «Laut einer aktuellen Studie des Statistischen Amtes des Kantons Waadt ist die durchschnittliche Dauer des Wohnungsbauprozesses im Kanton Waadt innerhalb von zehn Jahren von 21 Monaten auf 32 Monate gestiegen», sagt Nationalrat Olivier Feller (FDP, VD), Generalsekretär der Fédération romande immobilière. Dazu verzögern oft missbräuchliche Einsprachen die Baubewilligungsverfahren. Und auch die Gerichte neigen zu einer restriktiven Auslegung bestehender Gesetze. Deswegen scheitern Neubauprojekte in den Städten fast regelmässig an rigiden Lärmschutzmassnahmen, obwohl moderne Gebäudehüllen und Fenster Lärmimmissionen praktisch vollständig eliminieren.
Der Bund für mehr Wohnraum fordert eine Beschleunigung von Baubewilligungs-, Einsprache- und Gerichtsverfahren, eine konsequente Digitalisierung von Baubewilligungsverfahren, eine Erhöhung der Kostenfolgen bei missbräuchlichen Einsprachen, eine vernünftige Umsetzung der Lärmschutzverordnung sowie Lockerungen beim Denkmal- und Heimatschutz im Rahmen der Interessensabwägung.
Richtige Anreize für den Bau von Wohnungen setzen
Private Vermieter bilden das Rückgrat des Schweizer Wohnungsmarktes. Fast die Hälfte der Mietwohnungen werden von privaten Eigentümern vermietet. Auch Pensionskassen und Versicherungen sind wichtige Akteure im Wohnungsmarkt. Eine untergeordnete Rolle spielt die öffentliche Hand. Für den Bau von neuen Wohnungen und für einen funktionierenden Wohnungsmarkt sind private Investoren also essenziell. Umso wichtiger ist es, dass mit gezielten Anreizen private Investitionen in Wohnungen und Eigenheime gefördert statt mit Einschränkungen und Verboten verhindert werden. «Ein besonderes Ärgernis ist die Planungsunsicherheit für Investoren. So wurden beispielsweise in der Stadt Zürich private Investoren nach jahrelanger Planung zusammen mit den zuständigen Behörden und Ämtern plötzlich ausgebremst und haben Millionen verloren. Der Stadthof Zürich, das Kibag-Areal in Wollishofen und oder das Neugasse-Areal der SBB lassen grüssen», sagt Nationalrätin Nicole Barandun (Die Mitte/ZH), Präsidentin Gewerbeverband Stadt Zürich und Stiftungsrätin der Stiftung Bauen und Wohnen.
Der Bund für mehr Wohnraum fordert eine Gleichbehandlung aller Akteure, die in der Schweiz Wohnungen bauen. Insbesondere darf es kein Vorkaufsrecht für die öffentliche Hand und staatsnahe Betriebe geben, das private Investoren auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt oder gar verdrängt. Der Ersterwerb von Wohneigentum soll erleichtert werden, indem der Bezug von BVG-Geldern zur Anrechnung als Eigenkapital vereinfacht wird. Zudem darf das Mietrecht nicht weiter verschärft werden – dieses ist bereits so stark reguliert wie kaum ein anderes Rechtsverhältnis. Und eine weitergehende staatliche Rendite- und Mietzinskontrolle ist unbedingt zu verhindern.
Kein Missbrauch und faire Regeln im Mietrecht
Faire Regeln sind im gesellschaftlichen Zusammenleben und im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter entscheidend. Doch das aktuelle Mietrecht hat punktuell Schwächen, diese führen zu Ungerechtigkeiten auf dem Wohnungsmarkt und zu Missbrauch. Das gilt insbesondere für das Recht auf Untervermietung. «Niemand stellt die Untervermietung in Frage, denn ihr Zweck ist sozialer Natur», betont Olivier Feller. «Aber dieser Zweck wird manchmal missbraucht, indem die Untervermietung zu einer Business-Form wird. Wir wollen nicht mehr, dass Wohnungen wiederholt zu überhöhten Preisen zur Untermiete angeboten werden, was zu Belästigungen für die bestehenden Mieter führt.» Und auch der Eigentümer muss sich nach einem Besitzerwechsel sein Recht auf Eigenbedarf oft auf einem langwierigen Rechtsweg erstreiten.
Der Bund für mehr Wohnraum fordert eine Verhinderung von missbräuchlicher und überteuerter Untervermietung von Mietwohnungen, die Beschränkung der Untermiete auf maximal zwei Jahre, die Stärkung des Mitspracherechts des Eigentümers und eine vereinfachte Inanspruchnahme von Wohnungen und Geschäftslokalen bei Eigenbedarf.
Im Kampf gegen die Wohnraumknappheit in der Schweiz braucht es auf allen drei Staatsebenen wirksame, nachhaltige und marktwirtschaftliche Massnahmen, die den Bau von genügend neuen Wohnungen fördern und erleichtern. Der Bund für mehr Wohnraum ist überzeugt, dass nur dieser Weg die nötigen Resultate bringen wird.
Gründungsmitglieder Bund für mehr Wohnraum:
- Chambre genevoise immobilière, CGI
- Entwicklung Schweiz
- Fédération romande immobilière, FRI
- Hauseigentümerverband Schweiz, HEV
- Interessengemeinschaft privater professioneller Bauherren, IPB
- Schweizerischer Baumeisterverband, SBV
- Schweizerischer Verband der Immobilienwirtschaft, SVIT
- Union suisse des professionnels d e l’immobilier, USPI
- Verband Immobilien Schweiz, VIS
- Vereinigung Zürcher Immobilienunternehmen , VZI
Quelle: Medienmitteilung vom 20. Juni 2024 vom HEV Schweiz